Noemi, Bigna und ich wollten mal geschwind aus unserem Alltag abtauchen und machten uns deshalb für zwei Nächte auf, nach Saas-Fee. Am meisten freuten wir uns auf drei Männer- und zugleich sorgenfreie Tage. Aber wir kennen ja das Schicksal, und das spielt einem ja bekanntlich gerne einen Streich.
Im August
oder September (wir wissen es nicht mehr so genau) sassen Bigna und ich auf
ihrer Terrasse und assen Dessert. Dabei fand folgender Dialog statt:
Lina: «Es
wäre schon schön, wenn wir wiedermal ein paar Tage wegfahren könnten.»
Bigna: «Oh
ja.»
Lina: «Hast
du von dieser neuen Jugendherberge in Sass-Fee gehört? Die soll ultraschön
sein. Das wäre doch mal eine Idee.»
Bigna:
«Voll! Soll ich den Laptop holen und wir können gleich buchen?»
Lina: «Jaaa!»
Binga: «Ok.»
Gesagt,
getan. Wir haben sieben Betten gebucht von denen wir vier wieder stornierten
(ja diese Betten wären für unsere Jungs gewesen… aber wieso und warum wir sie
doch lieber zuhause liessen, erzähle ich euch ein andermal.) -- Auf jeden Fall:
Grund genug für einen ausgiebigen männerfreien Urlaub.
Ja.
Männerfrei. -- Am Mittag im verschneiten Saas-Fee angekommen machten wir erst
einmal den Receptionboy mit unseren Fragen wahnsinnig, danach deponierten wir
unser Gepäck und erkundeten neugierig das Dörfchen. Es gefiel uns und wir
suchten nach einem geeigneten Lokal, um etwas Kleines zu essen. Irgendwie
hatten wir nicht so ein Händchen dafür, weil wir nur die mega teuren Restis
fanden und an den gemütlichen Lokalen, mit einfachen Speisen zu unseren Preisen
irgendwie wie blind vorbeilatschten und erst entdeckten, als wir mit einem in
der Migros gekauften Dreieck-Notlösungs-Sandwich zurück zur Jugi spazierten.
Naja,
deswegen liessen WIR uns sicher nicht den Tag verderben, weshalb wir hoch
erfreut den Wellnessbereich erkunden wollten. Beim obengenannten Receptionboy
holten wir unsere Handtücher und erschraken erstmal ein kleinwenig als er uns
mitteilte, dass der Wellnessbereich denn eine TEXTILFREIE ZONE sei (an dieser
Stelle merkt man eventuell, dass wir noch nicht sooo erfahrene Wellnesserinnen
waren.) -- Falls wir uns aber trotzdem «bedecken» (Zitat) wollten, könnten wir
so blaue, komische Tüchlis benutzen, was wir selbstverständlich vorhatten.
Bevor wir
aber den Weg ins Wellness fanden, irrten wir aus Versehen ins Hallenbad (mit
Bikini an) und dachten schon, dieser Mini-und-kalte-Whirlpool wäre der im
Prospekt genannte Wellnessbereich. Und wie war das jetzt genau mit der
textilfreien Zone?
Ein Weilchen
später, wurden wir dann des Besseren belehrt, als wir auf eine hübsche Türe
stiessen, die mit «Wellness» angeschrieben war. -- Gut, unsere Zuversicht stieg. Leute, dieser
Wellnessbereich im wellnesshotel 400 ist jetzt also wirklich der Hammer.
Wunderbar modern, schwarzer Stein, Holz, mega Panoramafenster, und neben vielen
anderen super Wellnessmöglichkeiten zur Abwechslung auch ein warmer Whirlpool.
Ja, dort drinn höckeln und aus dem riesen Fenster direkt in die verschneiten
Bergen zu sehen, dass war dann schon… hüerä güet!
Das einzige
kleine Problem war noch unser bedeckendes, blaues Tuch, das uns im Whirlpool
immer davon schwamm. Im Eisnebel lagen wir dieses Tuch dann mit grossem Mut ab
und standen zu dritt, schreiend und herumspringend in der eiskalten
Erlebnisdusche. Dummerweise kamen genau dann voll die vielen Leute vorbei und
wenn ihnen die Augen nicht rausflogen, dann verdrehten sie sie ab uns. Uppsii.
Nach der
neuen, textilfreien Erfahrung wollten wir uns gemütlich in unserem Zimmer
einrichten. Natürlich haben wir insgeheim gehofft, dass letzte Bett in unserem
Viererzimmer wäre einfach nicht besetzt, falls aber nicht der Fall, sind wir ja
in einer Jugi und es ist auch kein Problem… oder eben dann doch! (Hier lege ich
einen kurzen bis mittellangen Break ein, um mich aufzuregen. Über die tollen
Erlebnisse berichte ich gerne später weiter.)
Und dann kam die Bescherung
Unser
Zimmergenosse war nämlich EIN MANN. -- Wie war das jetzt mit männerfrei?!? Und
wenn dieser Mann einfach gewesen wäre und sein Ding durchgezogen hätte und dazu
vielleicht noch ein Hauch nett oder zumindest nicht gerade ein Griesgram
gewesen wäre, dann hätten wir uns auch subito damit abgefunden. ABER, so war es
nicht. Am Anfang wussten wir noch nicht so genau aber heute, am Abend Zwei
haben wir uns ernsthaft überlegt, ob wir uns, für diese eine Nacht, nach einem
neuen Zimmer in der ausgebuchten Jugi erkunden sollten.
Dieser Mann,
mehr als doppelt so alt wie wir, wäre nämlich am liebsten bei all unseren
Aktivitäten dabei gewesen. Und er war fast schon betupft, als wir nicht mit ihm
in den Ausgang gehen wollten. Die Worte: erholsam, gemütlich, spontan und
Mädelsurlaub wollten einfach nicht in seinen Kopf.
By the way:
Er hält sich insgesamt zwei Wochen in der Jugi auf, alleine, um Abstand zu
gewinnen. Damit haben wir kein Problem, aber ALLEINE heisst für uns vor allem
ALLEINE und NICHT MIT UNS!
Er war der Erste,
der am Morgen etwas sagte und der Letzte, der noch bis wir alle schon schliefen
Gespräche anfangen wollte. Und wir wollten doch einfach ein bisschen unsere
Ruhe.
Ein paar nervende Beispielsätze:
* JEDESMAL wenn wir ins Zimmer kamen: «Mädels! Na was habt ihr gemacht, wie wars? Was macht ihr jetzt?» // Wir dachten verzweifelt: «Bitte, es geht dich nichts an. Wieso bist du nicht einfach irgendwo unterwegs? Und nein, wir wollen es dir nicht erzählen, weil du sonst mitkommen möchtest und wir dir einfach nicht klar machen können, dass wir gerne für uns sein wollen.»
* «Ach was,
du hast kein Facebook? Du bist ja voll altmodisch.»
* «Wollen
wir noch in den Ausgang heute Abend?» (Nein.)
* «Ihr seid
ja mega langweilig.» (Um Himmelswillen!)
* «Was
machen wir heute Abend? Schauen wir uns einen Film an?» (Hilfe, Nein! Also wir,
ja. Aber nicht du!)
* «Du mit
deinen Leggings.» (Es waren einfache, NORMALE, Skithermounterhosen die einen
halben Zentimeter über meinen Jeansbund und unter meinem T-Shirt hervorlugten.)
* «Und,
kommt ihr heute mit in den Ausgang?» (Nein, wir gehen spazieren und schauen
dann einfach spontan, was uns der Abend bringt.)
* «Spontan
ist für mich etwas anderes.» (Es interessiert uns ÜBERHAUPT nicht, was spontan
für dich ist.)
* «Seid
nicht die ganze Zeit so egoistisch, man soll nicht andauernd nur Dinge für sich
unternehmen.» (Alter Schwede, wir sind zu DRITT und unternehmen Dinge, das ist
nicht egoistisch.)
* (zu Bigna,
als sie etwas auf dem Laptop ansah und auf dem Hochbett sass, er wollte es auch
ansehen.) «Soll ich auf dein Bett kommen?» (Nein!)
Ja wir
fühlten uns bedrängt. Immer mehr, von Mal zu Mal, dem wir ihm nicht aus dem Weg
gehen konnten. Als wir beim zweiten zNacht eine Lagebesprechung führten, kam
Noemi auf eine sehr brillante und für uns sehr untypische (darum ist es auch
ein bisschen lustig) Idee. Sie schlug voller Enthusiasmus vor: «Wir könnten
Lügen!»
Davon waren
wir begeistert und das taten wir auch. Wir packten sogar unser ganzes Zeugs in
Taschen und verstauten es in der Lobby im Schliessfach, damit wir uns den
gesamten Abend über NICHT im Zimmer blicken lassen mussten. Die sehr
sympathische Frau von der Bar ist übrigens voll auf unserer Seite, sie hat uns
ihre Handynummer gegeben, für den Fall, falls in der Nacht was wäre.
Und jetzt,
jetzt ist es morgens um 03.44 und ich bin hellwach. Als die anderen um ein Uhr
ins Bett wollten, da überkam mich schon die Panik, ich wusste, ich würde kein
Auge zu tun. So ist es im Moment der Fall. Nach all den komischen Aktionen von
dem Mann, den wir gar nicht wollten und der uns unseren männerfreien Urlaub
ziemlich auf den Kopf gestellt hat, bleibe ich lieber wach und habe ein Auge
auf uns alle drei.
Ich will
euch unbedingt noch mehr lustige Dinge aus Saas-Fee erzählen. Denn abgesehen
von dem einen, grossen Problemchen haben wir es wunderschön hier. Aber irgendwie
musste ich das jetzt loswerden, ich brauche ja eine Beschäftigung, morgens um
vier. :)
Lila Lina