Kommen wir wieder zu einem Blog über Freundinnen, ihr müsst jetzt nicht meinen ich schreibe hier nur noch über meine Freundinnen, es ergibt sich einfach gerade dummerweise weil:
Meine beste Freundin Noemi (folgend und für immer einfach «Noemi» genannt) kommt nach einem halben Jahr Austausch wieder zurück. Und das in einer Woche. Oh mein Gott. Nein, das müsst ihr nicht verstehen, aber wenn ich nur schon daran denke, dann fängt mein Herz wie wild an zu schlagen und alles fühlt sich komisch an vor lauter Freude... aber auch vor lauter... Ungewissheit?
Genau das ist mein Problem. Wisst ihr eigentlich wie es ist
wenn deine beste Freundin sich dazu entscheidet dich für ein halbes Jahr zu
verlassen? Das ist komisch, ja, du willst zwar nur das Beste für sie aber du
willst auch nicht, dass sie geht.
Mit wem kannst du dann über deine grossen und kleinen Sorgen
reden? Wer wartet dann am Bahnhof darauf, bis dein Zug ankommt nur damit ihr
zehn Minuten zusammen nachhause laufen könnt? Wer erträgt ohne zu jammern deine
Launen, wen kannst du pausenlos volllabern? Und vor allem: Wer lacht dann mit
dir über irgendwelche komischen, absurden Dinge, die jetzt also wirklich nur
ihr lustig findet?
Diese Gedanken habe ich immer gleich verdrängt sobald sie
aufgekommen sind. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass ich dieses halbe
Jahr ohne Depressionen überlebe.
Und obwohl ich mir immer gesagt habe, dass es sowieso noch
ewig lange geht, bis der Tag kommt, an dem sie fliegt und wer weiss, was bis
dahin noch alles passiert, ist er gekommen. Dieser besagte Tag. Ich habe es
nicht gewagt, mir auch nur im geringsten vorzustellen, wie ich die nächsten
sieben, beziehungsweise dreissig beziehungsweise hundertachtzig Tage überlebe.
So standen wir da, mit Tränchen in den Augen und winkten.
Jeweils auf der anderen Seite der Sicherheitskontrolle. -- Und mein Leben ging
weiter. Kaum zu glauben. Die ersten paar Monate verstrichen mit der Gewissheit,
dass es sowieso noch ewig lange geht, bis der Tag kommt, an dem sie wieder da
ist und ich deshalb gar nicht erst zu zählen brauche.
Ich hatte viel los und tatsächlich bin ich nicht jeden
Samstagabend allein und verlassen vor dem Fernseher gesessen. Tatsächlich sind
mir andere Menschen wichtiger geworden, die ich vorher noch nicht so gut kannte
und das will ich auf keinen Fall missen.
Manchmal hätte ich sie mir her gewünscht, zum Beispiel an
meiner Vernissage, ich wollte ihr mein Buch kreischend in die Hände drücken,
ich hätte ihre abenteuerlichen Geschichten gerne persönlich gehört und nicht in
ellenlangen Whatsappnachrichten gelesen. Aber ich wusste, dass es ihr gut ging
und deshalb ging es mir auch gut. Wenn wir mal geskypet haben, dann war ich
manchmal richtig beruhigt, es gab sie noch und sie war immer noch Noemi.
Und dann plötzlich im Zug, fiel mir auf, dass schon bald
Sommerferien sind, dass ich dann endlich ein bisschen frei habe und, dass ich
schon in drei Wochen Geburtstag habe.
Mein Gedankengang ging dann etwa so: «Geburtstag? Warte mal.
An meinem Geburtstag, da ist... sie schon wieder zurück. Hä? Nein, das kann
nicht sein! Nochmal nachdenken, DOCH! OH
MEIN GOTT, in drei Wochen!!!»
Ihr denkt euch jetzt vielleicht:«Ah, super, dann kann ja
jetzt wieder alles so sein wie früher und alle sind glücklich und zufrieden.»
Aber so einfach ist nicht. Ab da ging es mir etwa gleich,
wie in dieser Zeit, kurz vor ihrer Abreise. Ich freue mich, und wie. Ich kann
wieder jemanden volllabern und wir können wieder zusammen als einzige über
Dinge lachen, von denen alle anderen nur Bahnhof verstehen aber: Hört sie mir
noch genauso zu? Findet sie diese Dinge immer noch lustig? Wartet sie wieder am
Bahnhof, bis ich von der Arbeit komme?
Dazu kommen folgende Sorgen: Sieht sie noch genauso aus?
Kann sie noch Deutsch? Weiss sie noch wie ich aussehe? (uvm.)
Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, es geht noch
sieben Tage. Es klingt verrückt, so ist es auch. Ich weiss nicht wie es wird
aber ich freue mich schon jetzt auf den Moment, wenn sie aus der grossen Masse
von gelandeten Menschen kommt, mit ihren Koffern und ihrem Lächeln und ich sie
beim «Hallo» sagen endlich wieder umarmen kann.
Lila Lina
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