Mittwoch, 28. Januar 2015

Retourkutsche


Wie schon gesagt: Im Moment schwebe ich in Erinnerungen. So ist mir letztens (nach dem mir Geschichte 1 passiert ist) folgende Geschichte (2) in den Sinn gekommen:

Geschichte 1:

Letztens fuhr ich mit dem Velo zum Bahnhof, dann ist meine Kette eingeklemmt, ich war sonst schon spät dran, musste meine Hände rabenschwarz, dreckig machen, damit ich sie nach einer halben Ewigkeit wieder lösen konnte und beim Aufsteigen bemerkte ich, dass die Batterie meines Vorderlichts leer war. Na toll! Als wären mir jetzt nicht schon genug Stolpersteine in den Weg gelegt worden.

Prompt stand dann einige Meter weiter auch noch der Schüler-Velolichtli-Polizisten-Kontrolleur, welcher mich mit strengem Blick anhielt. (An dieser Stelle eine kurze Info: Ich bin keine Schülerin mehr, seit vier Jahren. Aber das schien ihm nicht aufzufallen, er behandelte mich nämlich, als wäre ich zwölf.) «Wo ist denn dein Vorderlicht?» – «Sehen Sie denn nicht, dass ich ein Licht habe? – Ich fahre immer mit Licht, nur leider hat die Batterie gerade eben den Geist aufgegeben.» – «Aha, du weisst aber schon, dass man immer mit Licht fährt, junge Dame?» – «Jaaaaaaaa.» – «Du musst die Batterien wechseln!» – «Danke für die Info.» – «Warum hast du schwarze Hände?» – «Mir ist eben die Kette eingeklemmt.» – «Ach so. Kommst du jetzt wegen mir zu spät in die Schule?» – «Schule? Sozusagen ja.» – «Dann sag deiner Lehrerin einen lieben Gruss von mir, ich sei Schuld daran, hehe.» – «Lehrerin? Ehmm, jaja klar. Kann ich jetzt gehen?» – «Ja, hier hast du noch ein Schoggistängeli!»

SCHOGGISTÄNGELI?!? Völlig verdattert radelte ich weiter. Mein Zug war wohl schon lange weg und sollte ich jetzt einfach zu meiner Chefin gehen und ihr sagen, der Schüler-Velolichtli-Polizisten-Kontrolleur sei Schuld daran, hehe?! – Ich war wirklich genervt. Aber irgendwann dämmerte es mir, dass war jetzt die Retourkutsche, die Retourkutsche vom Schicksal für eben diese folgende Geschichte zwei. Ich bin diesem Polizisten nämlich schon einmal begegnet.

Geschichte 2:
Es war vor ein paar Jahren. – Wie jeden Morgen trafen sich meine Velofreundin Karin und ich um 7.07 Uhr beim Gummibärliplatz (Name von uns kreativen Köpfen selber erfunden), damit wir zusammen zur Schule radeln konnten. – Ich kam wie immer zu spät und dummerweise hatte ich kein Hinterlicht. Das heisst, ich hatte schon eins. Aber aus irgendeinem Grund, konnte ich es nicht an meinem Velo befestigen.

Für uns zwei kein Problem, wir waren ja zu zweit und Karin fuhr dann einfach hinter mir, dann hatte ich ja so quasi auch ein Hinterlicht. – Seit kurzem hatte die Polizei in Baden aber ein neues Hobby, und zwar hiess das: Arme Schüler, die ohne Velolicht herumfahren, zur Rechenschaft ziehen.

(Kleiner Input von mir, die da ja ohne Bedenken ohne Licht gefahren ist: Mittlerweile fahre ich ja immer noch sehr gerne Velo, bin aber echt eine grosse Verfechterin des mit-Licht-Fahrens. Vor allem seit ich Autofahre ist mir sehr bewusst, dass man einen Velofahrer ohne Licht im dunklen partout NICHT sieht.)

Dass uns die Polizei noch einen Strich durch die Rechnung machen konnte, war uns durchaus bewusst. Weshalb wir besonders vorsichtig fuhren, und Ausschau hielten. – Damit wir im Notfall noch eine Abzweigung nehmen und so ein Treffen mit unserem Freund und Helfer vermeiden konnten. Ein Stammplatz der Veloliechtlikontrollierer haben wir bereits mit Schweisstropfen auf der Stirn passiert. Beim zweiten haben wir nicht gut genug Vorausgeschaut und so die Notfallabzweigung dummerweise bereits hinter uns gelassen, als sie am Horizont auftauchten. Uppsi.

Aber, auch für diese Situation hatten wir einen Notfallplan parat, wir wollten ja nicht ins Gefängnis kommen. – Umkehren wäre äusserst unprofessionell gewesen, aber wir hatten noch genug Abstand zu der Polizei. So stiegen wir von unseren Velos und legten das Hinterlicht sanft auf meinen Gepäckträger. Ich musste die gerade Strasse nur möglichst holperfrei fahren, damit es dort auch ja liegen blieb.

Weil wir ja wussten, dass die Polizei uns bereits beobachten konnte, schmierten wir unsere Hände noch voll mit Chareschmieri. – Wir waren gewappnet und fuhren los.

Der Polizist hielt uns mit bösem Blick an. Wir lächelten freundlich und klimperten mit den Wimpern. «Grüezi.» – Seine Polizistenkumpanin umrundete uns und unsere Fahrräder mit kritischem Blick. Aber wir hatten ja Licht, das heisst, sie konnte uns nichts anhaben.

«Warum habt ihr dort hinten angehalten?» – «Uns ist die Kette raus gefallen!», wir streckten ihm unsere schwarzen Hände entgegen. «Ach so. Ja dann. Gute Weiterfahrt meine Damen.» – «Adiee!»

Wir radelten mit pochendem Herzen davon. Ich möglichst gerade, damit das Licht nicht von meine Gepäckträger runterfiel. – Nach der nächsten Kurve jubelten wir lauthals und klatschten uns voller Freude ab. Dabei fiel mein Licht vom Gepäckträger, aber das war ja jetzt egal. Unser Plan ging auf, wir haben doch tatsächlich die Polizei hinters Licht geführt. Mit seeeeehr viel Aufwand zwar, aber wir haben uns eine deftige Moralpredig erspart und das war unser Ziel.

Jetzt mussten wir nur noch ein bisschen schneller fahren als sonst schon, um ja pünktlich zum Unterricht zu erscheinen, aber das war ja ein Klacks.

Wir sind jetzt noch stolz auf unsere Heldentat...
Wieder einmal ein bisschen kriminell (wie bei der Zwiebel), aber von Herzen
Lila Lina

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